Eine Tasche für Mutter Renate
gepackt von Renate Bert
Ob es Sandwichkinder wirklich unverhältnismäßig schwer haben, darüber streiten die Sozialisationsforschenden. Erstgeborene können immerhin eine Zeit lang ihr Einzelkinddasein genießen, die jüngeren werden gern als Nesthäkchen verhätschelt. Die in der Mitte dagegen konkurrieren dauernd mit den Geschwistern um die Aufmerksamkeit der Eltern. Und bleiben deshalb Zeit ihres Lebens eher farblos. So die Theorie.
Renate kommt als solches Sandwichkind 1905 auf die Welt. Sie hat eine zwei Jahre ältere Schwester und bekommt mit sechs Jahren eine kleine Schwester dazu. Beide studieren (für die damalige Zeit ungewöhnlich) und machen (noch ungewöhnlicher) auch noch richtig Karriere: die eine wird Studiendirektorin, die andere Landgerichtsdirektorin.
Sandwichkind Renate dagegen absolviert ein Haushaltsseminar in Freiburg, da kannte sie ihren späteren Mann schon, einen angehenden Forstwirt. Von ihm bekommt sie fünf Kinder. Unter mangelnder Arbeit leidet sie nicht. Die Familie lebt in riesigem Forsthaus in Darmstadt-Ebersbach mit Stallungen und Gartengelände. Erst als der Mann pensioniert wird, bricht eine ruhigere Zeit an, mit Reisen, Turnverein, Freundinnen, Theater-Abo… mit blauem Kleid und viel 4711.
Bestätigung kommt von einer britischen Studie. Danach sind Sandwichkinder im Alter glücklicher als ihre Geschwister. Weil sie weniger bemuttert wurden, hätten sie weniger Erwartungen an das Leben und das macht insgesamt zufriedener. Also: Hoffnung für alle Familiensandwiches!
KS