Eine Tasche für Ingrid Kraus
gepackt von Ingrid Kraus
Es soll Menschen geben, die glauben, früher sei alles besser gewesen. Denen sei die Tasche Nummer 2 von Ingrid Kraus wärmstens ans Herz gelegt. Nachdem sie 1953 ihre achtjährige Grundschulzeit beendet hat, wird Ingrid eine Lehre als Forstfacharbeiterin in einem Internat beginnen. Zu dem Zeitpunkt ist sie knapp 14 und muss mit Hacke, Spaten und Schaufel auf der Schulter im Wald arbeiten. Was heißt: Bäume fällen, zersägen, aufschichten, Rinde mit Loheisen lohen, im Steinbruch arbeiten und Steine heraus schlagen uvm.
Anfangs hatte sich Ingrid Kraus für diesen Lebensabschnitt eine elegante Damenhandtasche mit Kügelchen ausgesucht, diese hat sie nachträglich gegen jenes einfache graue Täschchen mit rosa Griff und Reißverschluss ausgetauscht. Zu der Karte mit dem Monsieur und seiner variablen Nase gibt sie folgende Geschichte an die Leserinnen weiter: Sie sieht mit Freundin Helli den Film „Monsieur Hulot“. Danach nennen sich die Mädels Monsjö und werden Blutsfreundinnen. Diese Karte erinnert sie an Helli, die jung verstorbene Freundin. Inwieweit der roter Beutel mit Herz etwas mit einer der Personen der damaligen Zeit zu tun hat, bleibt wiederum im Dunkeln.
Trotz Freundin Helli hält es Ingrid Kraus irgendwann nicht mehr aus. Sie reißt aus und verbringt eine Nacht in einer Hütte mit Herzen in den Fensterläden (vielleicht liegt hierin der Bezug zum Herz im roten Beutel?). In der Nacht zieht ein Sturm über den Wald und morgens liegen überall umgeknickte Bäume. Als sie auf der Straße weiterwandern will, finden sie Lehrlinge und bringen sie zurück ins Internat.
Nach zwei Jahren ist die Ausbildung vorbei, doch Ingrid will nicht – wen erstaunt es – Forstfacharbeiterin bleiben. Sie hängt noch eine Ausbildung zur zahnärztlichen Helferin dran. Auch hier bleibt sie vor Enttäuschungen nicht bewahrt. Von wegen früher war alles besser.
KS