Eine Tasche für Huldi Brand-Jungen
gepackt von Veronika und Andrea Althaus
Eine Kugel rollt aus dem Beutel, so könnte man die Tasche besser nennen, ein Leinenbeutel mit Lederträgern und Lederboden. Es dauert eine Weile, bis sich der Sinn der Kugel erschließt. Huldi Brand-Jungen löste gern und mit Vergnügen schwierige mathematische Aufgaben, erklärt die Vita. Dabei bewegte sie eine Kugel in der Hand. Als Konzentrationshilfe sozusagen.
Huldi galt als „Mathe-Genie“ aus den Bergen, ihre Lehrer empfahlen, sie solle Mathematik und Physik studieren. Aber Huldi, Jahrgang 1913, aus einer Saanener Bergbauernfamilie hat sich für den Beruf der Lehrerin entschieden. Und als sie den Bauern Ernst Brand heiratete, wurde sie – wie in den 40er Jahren üblich – Hausfrau. Bevor wir uns ihren ganzen anderen Interessen widmen, sei noch erwähnt, dass sie ihren Beruf wieder aufnahm, als der Hof des Mannes nicht mehr genug Geld einbrachte (was ihren Mann sehr schmerzte).
Huldi war nicht nur klug, sondern unglaublich vielseitig. 1936 ging sie für einige Monate nach England, sie kletterte als einige der wenigen Frauen dieser Zeit sportlich und furchtlos in den Bergen. Sie fotografierte mit der Faltkamera Ikonta von Zeiss. Sie setzte sich fürs Frauenwahlrecht in der Schweiz ein und kandidierte als erste Frau in Saanen für den Gemeinderat (erfolglos). Sie war mit der Friedensaktivistin, Reformpädagogin und Philosophin Elisabeth Rotten befreundet. Sie half in der Landwirtschaft und zog neben drei eigenen Kindern auch ein Pflegekind groß.
Dieses ganze Leben hat Tochter Veronika Althaus mit Unterstützung von Enkelin Andrea liebevoll mit Texten beschrieben und Fotos illustriert, hat Briefausschnitte der Mutter beigefügt, eine witzige Rede von Ruben Frantschi dazu, in der er aufrief, Huldi in den Gemeinderat zu wählen. Auf einem USB-Stick findet sich zudem das Lieblingslied Huldis „S’het deheim e Vogel gsunge“ in einer klassischen und modernen Version.
Insgesamt eine (kugel)runde Sache.
KS
