• Feministische Geschichtswerkstatt Freiburg e.V.

Wahlheimaten AZ-Nr. 20544

Verpoorten, Pfefferminzbruch und Eukalyptusbonbons

Eine Tasche für Anna Saliger, geb. Hackel

gepackt von Kathrin Dietrich

Eine Tasche für Anna Saliger, geb. Hackel

Nun hat es eine gewagt. Kathrin Dietrich hat doch wirklich echten Alkohol in eine Tasche gepackt. Und – ich habe gerade nachgeschaut – der besonders cremige 20-prozentige Verpoorten ist noch an seinem Platz. Er liegt ungeöffnet in der Tasche für Anna Saliger. Ebenso wie eine Tüte Pfefferminz-Bruch und viele, viele Eukalyptusbonbons. Diese Mischung könnte bei manch einer Auspackerin wiederum Magensalti hervorrufen, so wie der Anblick von Zitronen schon mal das Wasser im Mund zusammen laufen lässt.

Vielleicht beruhigt sich der Magen ja wieder bei einem kurzen Hub 4711, es gibt aber auch Magentabletten, ein Notfallmittel gegen Asthma und ein Schlafmittel. Falls gar nichts mehr hilft, ist Schlaf immer noch das beste Heilmittel. Anna soll gegen Ende ihres Lebens depressiv und dement gewesen sein.

Sie wurde 1914 in Rehdörfel, Kreis Böhmisch-Leipa, geboren. Rehdörfel gehörte damals noch zu Österreich-Ungarn, fiel nach dem 1. Weltkrieg dem neugegründeten Staat Tschechoslowakei zu. 1938 verleibte sich das Deutsche Reich den Ort als Teil des Sudetenlands per Münchner Vertrag ein. Nach dem 2. Weltkrieg fand eine großangelegte Zwangsaussiedlung der Sudetendeutschen statt, über deren juristische und ethische Bewertung auch heute die Meinungen der Historiker*innen auseinander gehen.

Anna jedenfalls kam mit ihren zwei Kindern zuerst nach Frößnitz bei Halle, ihr Mann Adolf war noch in Kriegsgefangenschaft. 1947 traf sich die ganze Familie in der Nähe von Frankfurt, wo die Familie bis zum Tod von Anna lebte. Sie hat wohl gern genäht mit einer Pfaff-Nähmaschine (zum Preis von 370.- DM), gern gekocht (Pflaumenknödel mit Quark) und sich halt ab und an einen Ei, Ei, Ei – Verpoorten gegönnt. Besser als Schlafmittel allemal.

KS