Eine Tasche für Lina Levi
gepackt von Veró Vargas Köhler
Im Oktober 1940, genauer gesagt zwischen 22. und 24.10., ließen die nationalsozialistischen Machthaber mehr als 6.500 Judinnen und Juden aus Baden und Saarpfalz nach Gurs deportieren. Das Camp de Gurs lag in einem sumpfigen Gelände nördlich der Pyrenäen und war eigentlich für die Internierung von republikanischen Flüchtlingen aus Spanien gedacht.
Streng bewacht und von Stacheldraht umzäunt gab es 382 unbefestigte Baracken, in denen jeweils mehr als 60 Gefangene leben mussten. Die hygienischen Zustände waren katastrophal, die Menschen litten an Hunger, Krankheiten und Ungeziefer. Nur wenige der Gefangenen konnten aus Gurs fliehen oder hatten das Glück, durch persönliche Kontakte oder internationale Hilfsorganisationen in sichere Länder zu emigrieren. Etwa 2.000 von ihnen starben im Lager.
Zeitweise war ein sogenannter Madagaskarplan unter den Nationalsozialisten in der Diskussion: Sie wollten alle deportierten Jud*innen auf die Insel – damals französische Kolonie – östlich von Afrika deportieren. Doch fehlten ihnen die Seerechte für die Überfahrt. Die „Alternativlösung“ ist bekannt: Die 3907 Baden*innen, die noch in Gurs waren, darunter auch Lina Heilbrunner, geborene Levy, und ihr Mann, wurden im August 1942 zuerst ins Sammellager Drancy bei Paris und anschließend ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt und ermordet.
Das Jahr 1883 gebar Dich, Lina,
Tochter des Schwarzwaldes und der Levis.
Dunkle Tannen und glitzern Schneekristalle beschützen dein kindliches Treiben.
Freiburg, Deine Stadt, Freiburg, deine Synagoge.
Du trugst den Höllentäler vom Markt in die Moltkestrasse 40 auf der Haut.
Dein Schloss, das Leben, zwei Mal.
Freiburg, Deine Stadt, Deine Synagoge.
(Verónica Köhler-Vargas 20.09.2019)
KS